29. Juni 2023

“Ich stellte mir vor, ich hätte Brot, kaute darauf herum und hatte den Geschmack im Mund.”

Am Donnerstag, dem 08. Juni 2023, erlebte die 9. Klassenstufe im Rahmen des Geschichts-unterrichts einen ganz besonderen Kinobesuch.

Sie bekamen die Möglichkeit, nachdem der 15- minütige Dokumentarfilm „Der SS-Mann und das Mädchen“ gezeigt wurde, mit dem Regisseur Tilmann Bünz ins Gespräch zu kommen und erfuhren dabei nicht nur einiges über den Aufstand im Warschauer Ghetto von 1943, sondern auch über die Arbeit eines Regisseurs. Diese Gelegenheit wurde von den Schülern* innen gerne genutzt und es fand ein reger Austausch statt.  Herr Bünz meint, das Boizenburger Kino biete hierfür genau das richtige Ambiente.  Aufgrund der wenig optimalen Lichtverhältnisse im Atrium des Gymnasiums organisierte Frau Panz kurzfristig die Filmvorführung im Kino der Stadt. An dieser Stelle auch ein großes Dankeschön an den Schulverein des Elbe- Gymnasiums, der dieses Projekt finanziell unterstützte.

Der Warschauer Ghetto Aufstand war für die Neuntklässler bisher noch kein Thema im Geschichtsunterricht, trotzdem zeigten die Schüler* innen sehr großes Interesse und hätten auch einem längeren Film gerne Aufmerksamkeit geschenkt.

Die Dokumentation beinhaltet die Geschichte eines SS-Mannes, der am Mord tausender Menschen persönlich beteiligt war, und eines Mädchens, das im Untergrund eines jüdischen Ghettos leben musste. Es wird ein Interview mit dem Mädchen und dem Verhörer des SS-Mannes eingeblendet. Nach dem Krieg gelang es dem SS-Mann viele Jahre unerkannt zu bleiben, er führte ein bürgerliches Leben in der DDR, arbeitete im Bergbau, war Ehemann und Familienvater. Durch einen Hinweis wurde die Staatssicherheit auf die wahre Identität aufmerksam, der SS-Mann wurde in Berlin-Hohenschönhausen verhört, angeklagt und wegen NS-Verbrechen zum Tode verurteilt.

Zu diesen Interviews erzählt Bünz hinterher, wie schwer es sei, manche Personen davon zu überzeugen, über ihre Erlebnisse zu sprechen. Ihm ist es aber gelungen, den damaligen Vernehmungsoffizier für dieses Interview zu gewinnen.

Für das Mädchen, das jetzt natürlich eine alte Frau ist, sei es beispielsweise jedes Mal aufs Neue aufregend, von diesen bedrückenden und grausamen Erfahrungen zu erzählen. Dass es von diesen schrecklichen Erlebnissen kaum Videoaufzeichnungen gibt, wurde den Filmemachern nicht zum Problem. Die Geschichte des Mädchens wurde einfach als Grafic Novel wiedergegeben und war dadurch für die Schüler* innen sehr anschaulich.

In der Auswertung in der nächsten Geschichtsstunde äußerten einige vor allem ihr Entsetzen darüber, wie der SS-Mann von einer Fahrradrikscha, die von einem Juden gefahren wurde, mit einem Gewehr ohne Grund jeden erschossen hat, der zu unvorsichtig war und ihm vor die Füße kam. Auch die Lebensweise im Ghetto unter der Erde ist vielen nochmal erschreckend klar geworden. Der Satz des Mädchens, „Ich stellte mir vor, ich hätte Brot, kaute darauf herum und hatte den Geschmack im Mund.“, gibt die Gefühle der Kinder, die so etwas erleben mussten, realistisch wieder.

Die Dokumentation ist in der ARD-Mediathek frei verfügbar.

Merle Karsten, 9b

 

Foto: SVZ

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